Greenwashing bei grünen EU-Anleihen verhindern

Datum 09.06.2022
Die EU sieht für ihre eigenen grünen Anleihen weniger strenge Kriterien vor als für Anleihen privater Emittenten. Dadurch droht ihr der Vorwurf des Greenwashings.
Zu diesem Schluss kommt der Bundesrechnungshof in einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Das könne die Klimaschutzambitionen der EU untergraben.
750 Milliarden Euro schwer ist der EU-Wiederaufbaufonds, finanziert über Anleihen am Kapitalmarkt. Er soll die Mitgliedstaaten darin unterstützen, die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu überwinden. Bis zu 250 Milliarden Euro sollen aus grünen Anleihen stammen. Hiermit sollen klimaschützende Maßnahmen finanziert werden. Das Ziel: Zugleich die Klimawende in der EU vorantreiben.
Wie viel Klimaschutz steckt in den grünen EU-Anleihen?
Um zu bewerten, wann durch grüne Anleihen finanzierte Maßnahmen als klimaschützend gelten, haben die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten für den Wiederaufbaufonds ein neues Bewertungssystem geschaffen. Dieses Bewertungssystem ist allerdings weniger streng als die sogenannte Taxonomie, mit der die EU bereits einheitliche und verbindliche Nachhaltigkeits-Standards für grüne Anleihen privater Emittenten gesetzt hat.
Zum Vergleich: Nach den Taxonomie-Kriterien gelten beispielsweise Baumaßnahmen an Bahnschienen nur dann als klimaschützend, wenn sie einen wesentlichen Klimabeitrag leisten. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Schienen elektrifiziert sind oder eine Elektrifizierung geplant ist. Nach der Verordnung, die für die grünen EU-Anleihen gilt, dürfen die Ausgaben auch dann zu 40 % als klimaschützend angerechnet werden, wenn die Schienen nicht elektrifiziert sind.
Bewertungssystem für grüne EU-Anleihen bietet weniger Wirkung für Klimaschutz als die Taxonomie
Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass das Bewertungssystem für grüne EU-Anleihen verglichen mit der Taxonomie weniger Wirkung und auch weniger Transparenz für den Klimaschutz bietet. Dies ist besonders bedenklich, weil die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten damit von Unternehmen und privaten Investoren mehr Engagement für den Klimaschutz fordern, als sie selbst einzuhalten bereit sind.
Wo Klimaschutz draufsteht, muss auch Klimaschutz drin sein. Anderenfalls könnte sich die EU dem Vorwurf des Greenwashings ausgesetzt sehen.
Der Bundesrechnungshof fordert von der Bundesregierung, die Auswahl und die Bewertung der grünen Maßnahmen zumindest innerhalb Deutschlands auf den Prüfstand zu stellen. Außerdem soll sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die EU-Kommission die grünen Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten kritisch überprüft.
Für die Anwendung der Taxonomie ist es noch nicht zu spät: Da die EU-Kommission die Anleihen erst bis zum Jahr 2058 tilgen muss, bleibt genügend Zeit, nachzulegen und die Taxonomie doch noch anzuwenden.