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Wirtschaftshilfen, Bundeswehr, EU, Verkehr, Forschung, Auswärtiges Amt, Bundesagentur für Arbeit, Digitalisierung, Rente

Ausgabejahr 2023
Datum 07.12.2023

Pressemitteilung zu den Bemerkungen 2023

Der Bundesrechnungshof hat dem Deutschen Bundestag, dem Bundesrat und der Bundesregierung seine Bemerkungen 2023 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes zugeleitet. Die Bemerkungen benennen systemische Schwachstellen, an denen der Bund seine Haushaltsmittel zielgerichteter, effizienter und wirksamer einsetzen oder einziehen sollte.  

„Die finanziellen Handlungsspielräume des Bundes schwinden immer mehr. Nach dem jüngsten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Zweiten Nachtragshaushalt 2021 gilt jetzt erst recht: Der Bund muss mit seinem Geld ordentlich haushalten, es ist Zeit für mehr Effizienz. Das ist notwendig, auch im Interesse der kommenden Generationen“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller. „Dazu gehört ganz sicher eine Priorisierung bei den Ausgaben. Ebenso sollte der Bund endlich sämtliche Subventionen und Vergünstigungen auf Wirksamkeit und mögliche Fehlanreize überprüfen. Der Staat braucht bessere, modernere Strukturen und Prozesse. Unsere Prüfungen bieten Ansätze dafür.“

 Der Bundeshaushalt steht weiterhin stark unter Druck. Als Folge der Corona-Pandemie, des Ukraine-Krieges sowie der Energiekrise waren die Bundeshaushalte der Jahre 2020 bis 2023 stark expansiv: Dreimal hat der Bundestag die Schuldenbremse aufgrund einer außergewöhnlichen Notsituation ausgesetzt. Dadurch ist der Schuldenstand des Bundes enorm gewachsen. Die Zinswende lässt seine Zinsausgaben hochschnellen. Von 4 Mrd. Euro im Jahr 2021 auf mindestens 40 Mrd. Euro im Jahr 2023. Und sie verbleiben in den nächsten Jahren auf einem hohen Niveau. Diese schwierigen finanzwirtschaftlichen Bedingungen treffen auf eine enorme Aufgaben- und Ausgabenlast: Modernisierungs- und Nachholbedarf bei Infrastruktur, Digitalisierung, Landesverteidigung und Klimaschutz sowie den demografischen Wandel.

Der fiskalische Spielraum für Projekte künftiger Parlamente und Regierungen wird dadurch geringer; die Gestaltungs- und Handlungsmöglichkeiten schwinden. Künftige Krisen können aber nur mit tragfähigen Staatsfinanzen und Handlungsspielräumen gemeistert werden. 

„Mit seinen Bemerkungen zeigt der Bundesrechnungshof Möglichkeiten auf, wie Defizite abgestellt sowie Haushaltsmittel besser eingesetzt werden können – und damit letztendlich, wie der Staat seine Handlungsfähigkeit verbessern kann“, ergänzte Scheller.  

Der vorliegende Hauptband der Bemerkungen 2023 umfasst 26 Prüfungsergebnisse, die in den kommenden Monaten im Bundestag beraten werden. Sie betreffen unter anderem die Themen Wirtschaftshilfen, Bundeswehr, EU, Verkehr, Forschung, Auswärtiges Amt, Bundesagentur für Arbeit, Digitalisierung und Rente.

Eine Auswahl der aktuellen Bemerkungen im Überblick:

Wirtschaftshilfen

Corona-Krise ohne Lerneffekt: Keine angemessene Länderbeteiligung bei Wirtschaftshilfen des Bundes (Nr. 3)

Die Corona-Unternehmenshilfen von über 78 Mrd. Euro hat der Bund nahezu allein finanziert. Obwohl die Wirtschaftsförderung in der Zuständigkeit der Länder liegt, entließ der Bund die Länder aus ihrer Finanzierungsverantwortung. Lediglich an den Härtefallhilfen – dem kleinsten Programm der Corona-Unternehmenshilfen – beteiligten sich die Länder mit 159 Mio. Euro zur Hälfte. Für alle anderen Corona-Unternehmenshilfen untersuchte der Bund nicht, ob und inwieweit die Länder an der Finanzierung zu beteiligen sind. Mit einer Länderbeteiligung hätte das BMWK Bundesausgaben von bis zu 32,5 Mrd. Euro vermeiden können.

Auch wenn der Bund zu Beginn der Krise schnell handeln musste, wäre spätestens mit den Überbrückungshilfen I ab Juni 2020 eine Beteiligung der Länder angemessen gewesen. In der aktuellen Energiekrise hat der Bund es erneut versäumt, die Länder angemessen an den Wirtschaftshilfen zu beteiligen.

Künftig muss der Bund die Länder bei krisenbedingten Unternehmenshilfen in die Pflicht nehmen. Hierzu sollte er mit den Ländern schnellstmöglich zu Beginn einer Krise verhandeln, wie die Finanzierung verteilt wird und nach welchen Kriterien Bund und Länder die Hilfen ausreichen. Er sollte Soforthilfen nur vorübergehend zu Beginn einer Krise vollständig allein finanzieren. Angesichts der angespannten Finanzsituation des Bundes ist eine angemessene Finanzierungsbeteiligung der Länder unabdingbar.

Bundeswehr

Unzureichende Koordinierung: Langjährige Beschaffung dringend benötigter Minenabwehrboote abgebrochen (Nr. 16)

Trotz einer vorgegebenen Ausgabenobergrenze von 3,5 Mrd. Euro für elf neue Minenabwehrboote hat die Bundeswehr mehrere Jahre eine Beschaffung verfolgt, die 6 Mrd. Euro gekostet hätte. Die beteiligten Stellen konnten sich nicht auf ein Nachfolgemodell einigen, bei dem die weitreichenden Forderungen der Marine mit dem vorgegebenen Budget von 3,5 Mrd. Euro vereinbar gewesen wären. Interne Hinweise zur Kostenreduzierung griff das BMVg nicht auf. Von ihm angeordnete Untersuchungen kosteten zusätzliche Zeit, brachten aber keine neuen Erkenntnisse. Die unrealistische Planung führte schließlich zum Abbruch des Projektes.

Als Zwischenlösung sollen die veralteten Minenabwehrboote nun für 1,3 Mrd. Euro modernisiert werden und noch bis zum Jahr 2040 weiter betrieben werden. Aufgrund des Alters der Boote und technischer Limitierungen werden die Funktionalitäten zur Seeminenabwehr allerdings auch nach der Modernisierung eingeschränkt sein. Für die Modernisierung müssen sie zudem lange Zeit in die Werft. Das BMVg sollte die Planungen für ein Nachfolgemodell wieder aufnehmen, die aufwendige Nutzungsdauerverlängerung stoppen und die vorhandenen Boote bis zu ihrer Ablösung nur noch im zwingend notwendigen Umfang modernisieren.

Zukünftig muss das BMVg dafür Sorge tragen, dass verfügbare Haushaltsmittel und militärische Anforderungen in Einklang gebracht werden. Dazu könnte sich die Bundeswehr auch an Bündnispartnern orientieren. So beschaffen Belgien und die Niederlande gegenwärtig Minenabwehrboote, die deutlich weniger kosten.

Falsche Prioritäten: Bundeswehr kann voreilig beschaffte Maschinengewehre erst Jahre später wie vorgesehen einsetzen (Nr. 17)

Seit 2014 kauft die Bundeswehr Maschinengewehre, mit denen sie Tausende von Fahrzeugen bewaffnen will. Einen erheblichen Teil der bislang 10 872 beschafften Maschinengewehre kann sie aber noch nicht wie geplant einsetzen: Es fehlen passende Lafetten, um die Maschinengewehre zu montieren und vom Fahrzeug schießen zu können, sowie Waffenhalterungen für den sicheren Transport. Zudem gibt es für die Ausbildung noch kein Übungssystem, weil sich die Entwicklung der erforderlichen Übungspatrone verzögerte.

Solange diese Defizite bestehen, muss die Bundeswehr ältere Maschinengewehre noch Jahre weiter nutzen. Trotz zusätzlicher Ausgaben für neue Maschinengewehre steigt die Einsatzbereitschaft nicht. Vertraglich hätte die Bundeswehr die neuen Maschinengewehre problemlos später kaufen können, wenn auch die technischen Rahmenbedingungen für Ausbildung und Einsatz gestimmt hätten. Das so verfügbare Geld hätte die Bundeswehr besser für dringend benötigte, schnell verfügbare und nutzbare Ausrüstung oder Waffen ausgegeben.

Europa

EU-Zahlungen aus dem Wiederaufbaufonds an den Bund in Milliardenhöhe gefährdet (Nr. 2)

Deutschland drohen Mindereinnahmen aus dem EU-Wiederaufbaufonds in Milliardenhöhe, weil die Bundesregierung die verantwortlichen Stellen nicht ausreichend in die Pflicht nimmt. Der Bund erhält die EU-Mittel nur dann, wenn die staatlichen Stellen die geförderten Maßnahmen erfolgreich umgesetzt haben. Dafür müssen sie vorab festgelegte Meilensteine und Ziele erreichen. Die verantwortlichen Ministerien haben aber keinen finanziellen Anreiz, dies sicherzustellen. Denn sie erhalten ihre Mittel bereits als Vorfinanzierung aus dem Bundeshaushalt und unabhängig vom Erfolg der Maßnahme. Diese Ausgestaltung birgt erhebliche Risiken für den Bundeshaushalt: Bleibt eine erfolgsabhängige Refinanzierung der nationalen Mittel durch die EU aus, treffen die Mindereinnahmen den gesamten Bundeshaushalt. Deutschland könnte aus dem Wiederaufbaufonds bis zu 28 Mrd. Euro erhalten. Die Bundesregierung sollte deswegen ein besonderes Interesse daran haben, die Voraussetzungen für den vollständigen Abruf dieser EU-Mittel zu schaffen. Sie sollte einen leistungsorientierten Anreiz im Bundeshaushalt verankern, damit die Ressorts ihre jeweiligen Maßnahmen erfolgreich umsetzen. Hierzu könnte sie zum Beispiel Haushaltssperren einrichten und die Mittel – abhängig vom Erreichen der Meilensteine und Ziele – schrittweise freigeben. Das BMF sollte den Haushaltsgesetzgeber zudem regelmäßig unterrichten, welche Meilensteine und Ziele gefährdet sind und welche Haushaltsrisiken sich daraus ergeben.

Keinen Präzedenzfall schaffen: Rechtskonforme Finanzierung für Frontex-Neubau sicherstellen (Nr. 21)

Frontex möchte die Kosten für den Neubau seines Hauptquartiers in Warschau in Höhe von mindestens 140 Mio. Euro über ein Darlehen der Europäischen Investitionsbank (EIB) finanzieren. Das wäre aber ein Verstoß gegen die haushaltsrechtlichen Regelungen der EU. Danach dürfen EU-Agenturen für Neubauten keine Darlehen aufnehmen. Ohnehin darf die EIB Darlehen nur gewähren, wenn die Investitionen zu einer Steigerung der volkswirtschaftlichen Produktivität beitragen und die Verwirklichung des Binnenmarkts fördern. Dass der Frontex-Neubau diese Voraussetzungen erfüllt, erscheint fraglich. Denn Frontex kann den Neubau auch anderweitig finanzieren, also ohne ein Darlehen der EIB.

Das BMI vertritt Deutschland im Verwaltungsrat von Frontex. Zusammen mit dem BMF muss es auf eine rechtskonforme Finanzierung des Neubaus hinwirken, um einen schädlichen Präzedenzfall zu verhindern. Andernfalls könnten andere EU-Agenturen und EU-Institutionen vergleichbare Ausnahmen anstreben. Mit der Folge, dass das EU-Haushaltsrecht ausgehöhlt würde. Diese Regelungen dienen einem ordnungsgemäßen und wirtschaftlichen Verwaltungshandeln und schützen die finanziellen Interessen der EU und ihrer Mitgliedstaaten. Den Neubau selbst stellt der Bundesrechnungshof nicht in Frage.

Verkehr

Bundesverkehrsministerium vernachlässigt Nachhaltigkeit bei der Bahn: Klimaschutz stärken und Barrieren abbauen (Nr. 12)

Das BMDV stellt nicht sicher, dass die Geschäftstätigkeit der DB AG mit der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes verknüpft ist. Obwohl Nachhaltigkeit ein Leitprinzip des Bundes ist, vernachlässigt der Bund dieses Prinzip als Eigentümer der DB AG seit Längerem. Die DB AG will zwar ein „grüner Konzern“ und „Vorreiter beim Klimaschutz“ sein, verfehlt dieses Ziel aber. Sie übt weltweit klimaschädliche Geschäftstätigkeiten aus, die keinen Bezug zum Schienennetz und -verkehr in Deutschland haben. Außerdem ist die tatsächliche Treibhausgasbilanz der DB AG unklar. Sie stellt ihren Energiemix im Fernverkehr nicht transparent dar und berücksichtigt den Treibhausgasausstoß beim Infrastrukturbau nicht. In ihren Bemühungen zum Klimaschutz sind die DB AG und der Bund kaum glaubwürdig, wenn das BMDV dieses „Greenwashing“ weiterhin toleriert. Die Nachhaltigkeitsziele des Bundes umfassen auch, alle Menschen zur Selbstbestimmung zu befähigen und soziale Ungleichheiten abzubauen. Wegen langjähriger Versäumnisse von BMDV und DB AG existieren vermeidbare Barrieren an der Schnittstelle Bahnsteigkante/Zug. Reisenden der über 500 Fernverkehrszüge ist es nicht möglich, die Züge an allen Bahnhöfen stufenfrei zu betreten und zu verlassen. Zwar bietet die DB AG an, Reisenden beim Ein-, Aus- und Umsteigen zu helfen – aber nur an einer begrenzten Auswahl an Bahnhöfen und nur zu unregelmäßigen bzw. eingeschränkten Servicezeiten. Das BMDV muss sich dafür einsetzen, dass sich die DB AG stärker an den Nachhaltigkeitszielen des Bundes für Klimaschutz und Barrierefreiheit ausrichtet.

Kaum Treibhausgas-Einsparungen: BMDV muss Förderung von alternativen Antrieben im Schienenverkehr überdenken (Nr. 23)

Das BMDV hat bei einem Klimaschutz-Förderprogramm für den Verkehrssektor weder untersucht noch bewertet, wie viel Treibhausgase es damit einsparen kann. Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen und Erfolgskontrollen zum Förderprogramm fehlen. Als Teil des Klimaschutzprogramms 2030 will das Förderprogramm den Anteil alternativer Antriebe im dieselbetriebenen, nicht elektrifizierten Schienenverkehr erhöhen. Das soll Treibhausgase im Verkehrssektor in signifikantem Umfang einsparen. Dafür bewilligte das BMDV in den Jahren 2021 und 2022 insgesamt 228 Mio. Euro für neue und umzurüstende Schienenfahrzeuge. Mit 94 Mio. Euro davon förderte es die Beschaffung von Fahrzeugen mit Hybridantrieben mit Dieselmotoren, die nicht emissionsfrei sind, doppelt so hoch wie vorgesehen. Insgesamt ist das Treibhausgas-Einsparpotenzial tatsächlich sehr gering. Denn der dieselbetriebene Schienenverkehr verursacht lediglich 0,6 % der Treibhausgas-Emissionen des gesamten Verkehrs. Das Förderprogramm trägt also kaum zu den Klimaschutzzielen des Bundes bei. Seine Fördereffizienz ist mehr als fraglich.

Das BMDV sollte keine Dieselfahrzeuge mehr fördern. Es muss umgehend nachvollziehbar prüfen, ob es das Förderprogramm in verbesserter Form fortführen kann oder wegen Unwirtschaftlichkeit einstellen muss.

Forschung

Fraunhofer-Gesellschaft hält Fördermittel zurück – BMBF bleibt jahrelang untätig (Nr. 19)

Das BMBF förderte die Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) jahrelang und umfangreich, ohne dass sie Bundesmittel in dieser Höhe benötigte. Das BMBF hat zudem über Jahre hingenommen, dass die FhG Fördermittel ohne Bedarf abrief, diese zurückhielt und ihren hohen Kassenbestand dem Parlament nicht offenlegte.

Trotz einer hohen Rücklage von über 400 Mio. Euro hat das BMBF die Grundfinanzierung der FhG jährlich gesteigert und zusätzlich Corona-Hilfen gewährt, ohne dass die FhG die Rücklage antastete. Wie hoch die Rücklage sein darf und für welche Zwecke die FhG sie nutzen kann, hat das BMBF nicht verbindlich festgelegt. Außerdem nutzte die FhG die jährliche Grundfinanzierung des Bundes – 854 Mio. Euro in 2023 – regelwidrig, um externe Aufträge und Projekte vorzufinanzieren. Angesichts der Rücklage bestand dazu kein Bedarf. Die FhG hat somit den Bund geschädigt und sich auf seine Kosten einen ungerechtfertigten Zinsvorteil verschafft. Dem BMBF standen die Mittel nicht für andere Zwecke zur Verfügung. Es hat dies jahrelang geduldet.

Darüber hinaus verfügte die FhG über erhebliche Kassenbestände von bis zu 225 Mio. Euro. Sie entstanden aus am Jahresende eingehenden Zahlungen aus den vorfinanzierten Aufträgen und Projekten. Diese Überschüsse verblieben in der Kasse der FhG, anstatt sie als nicht verbrauchte Zuwendungen an den Bund zurückzuzahlen. Das BMBF berichtete dem Parlament nicht über die hohen Kassenbestände. Es entstand der Eindruck, dass die FhG die Grundfinanzierung stets nahezu verbraucht hatte. Eine Diskussion über den tatsächlichen Mittelbedarf der FhG fand daher nicht statt.

Angesichts des jahrelangen regelwidrigen Verhaltens der FhG und der eigenen Untätigkeit muss das BMBF umgehend aktiv werden. Neben einer stärkeren Kontrolle der FhG muss es zumindest Zweck und Obergrenze der Rücklage festlegen. Es muss Transparenz über die nicht verbrauchten und ins Folgejahr verschobenen Zuwendungen herstellen.

Auswärtiges Amt

Auswärtiges Amt kauft unnötige Residenz in Brüssel – unwirtschaftliche Entscheidungen sind kein Einzelfall (Nr. 4)

Beim Erwerb und Unterhalt von Liegenschaften im Ausland missachtet das Auswärtige Amt (AA) seit Jahren die gesetzlichen Vorgaben zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Es kauft oder mietet Grundstücke und Gebäude ohne nachgewiesenen Bedarf. Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen fehlen oder sind mangelhaft. Nicht mehr benötigte Liegenschaften identifiziert das AA nur schleppend, Verkäufe ziehen sich hin.

In Brüssel unterhält das AA drei Auslandsvertretungen mit repräsentativen und gut ausgestatteten Residenzen. Trotzdem kaufte das AA 2021 für fast 8 Mio. Euro eine weitere Liegenschaft, die es nach einer Renovierung als Residenz nutzen möchte. Das neue, parkähnliche Grundstück ist mit 15 000 m² bis zu sechsmal größer als die dort bisher genutzten Grundstücke. Es ist daher energieintensiver und teurer im Unterhalt. Das AA hat weder den konkreten Bedarf für die neue Liegenschaft nachgewiesen, noch hat es geprüft, ob es Alternativen zum Erwerb gibt, wie beispielsweise den Ausbau einer Bestandsresidenz.

In den letzten Jahren hat der Bundesrechnungshof weltweit vergleichbare Feststellungen getroffen, bei denen das AA die Vorgaben zu Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit missachtet hat. Der Bundesrechnungshof erwartet daher vom AA, eine Strategie für seine Liegenschaften im Ausland zu erarbeiten und zukünftig finanzielle Entscheidungen haushaltsrechtskonform umzusetzen. Nicht benötigte Liegenschaften im Ausland hat das AA konsequent zu identifizieren und möglichst verlustfrei zu veräußern.

Für Betrieb, Instandhaltung und Ausstattung seiner insgesamt 864 Auslandsliegenschaften gab das AA im Jahr 2022 rund 150 Mio. Euro aus. Für Baumaßnahmen verausgabte es zusätzlich rund 66 Mio. Euro. Viele Liegenschaften sind jedoch darüber hinaus sanierungsbedürftig. Das AA hat die Höhe des Sanierungsstaus bei seinen Auslandsliegenschaften im Jahr 2022 mit rund 2,5 Mrd. Euro angegeben.

Bundesagentur für Arbeit

Personalnot an Flughäfen: Kaum Unterstützung durch Jobcenter (Nr. 8)

Die Vermittlungsaktivitäten von Jobcentern im Umfeld von Flughäfen waren unzureichend. Sie vermittelten nur sehr wenigen Arbeitsuchenden erfolgreich eine Tätigkeit am Flughafen. So konnten sie nicht zur Entspannung der akuten Personalnot während der Hauptreisezeit des Jahres 2022 beitragen. Die Personalnot hatte zu erheblichen Störungen des Reiseverkehrs geführt.

Obwohl die Jobcenter Arbeitsuchende mit flughafentypischen Qualifikationen oder Berufserfahrung betreuten, konnten sie nur wenige in eine Beschäftigung am Flughafen vermitteln. Bei den vom Bundesrechnungshof geprüften Fällen führten nur 3 von 309 Vermittlungsvorschlägen zu einer Arbeitsaufnahme. Dabei hatte die Luftverkehrswirtschaft alleine für die Bodenabfertigungsdienste einen vierstelligen Bedarf an Arbeitskräften gemeldet, um die Sommerreisewelle bewältigen zu können. Grund für die schlechte Vermittlungsleistung war, dass die Jobcenter entweder keine oder zu spät Beratungsgespräche führten oder diese nicht zielgerichtet nutzten, um die Integration der Arbeitsuchenden in den Arbeitsmarkt am Flughafen zu fördern. Zudem vernachlässigten sie den Grundsatz des „Forderns“, indem sie Vorbehalten gegen eine Arbeitsaufnahme am Flughafen nicht im Einzelnen nachgingen und versuchten, diese auszuräumen. Selbst Sonderaktionen der Bundesagentur für Arbeit und einzelner Jobcenter führten nicht zu einer spürbar höheren Vermittlungstätigkeit. Insbesondere bei einem massiven Personalmangel müssen Jobcenter aktiv, engmaschig und bedarfsgerecht beraten und vermitteln. Sie müssen alle Instrumente nutzen, die ihnen unter den Grundsätzen des Förderns und Forderns zur Verfügung stehen. BMAS und Bundesagentur müssen die in der Personalkrise an Flughäfen deutlich gewordenen Schwächen im Vermittlungsprozess grundlegend analysieren und konsequent und dauerhaft überwinden.

Digitalisierung

Am Bedarf vorbei beschafft: Router für sichere Kommunikation lagern ungenutzt (Nr. 5)

Die Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) hat hochwertige IT-Geräte für eine halbe Million Euro im Lager veralten lassen. Die BDBOS hatte im Jahr 2021 für 1,3 Mio. Euro Router für den sicheren Sprach- und Datenaustausch in den Netzen des Bundes beschafft. Im Jahr 2023 stellte der Bundesrechnungshof fest, dass lediglich 36 von 73 beschafften Routern eingesetzt werden. Insgesamt 37 Router waren seit mehr als 18 Monaten ungenutzt eingelagert. Dadurch reduzierte sich ihre verbleibende Zeit für einen sicheren Einsatz. Die BDBOS hatte das IT-Gerät aufgrund einer bereits zwei Jahre zurückliegenden Bedarfsabfrage vorschnell beschafft. Da sich insbesondere im Bereich der IT die Bedarfe und Leistungen sehr schnell ändern, muss die BDBOS künftig hochwertige IT-Geräte erst dann beschaffen, wenn sie deren Einsatz absehen kann.

Rente

Gesetzliche Rentenversicherung: Transparenz bei den versicherungsfremden Leistungen schaffen (Nr. 9)

Weder Bundestag noch Öffentlichkeit können derzeit einschätzen, ob die Bundeszuschüsse an die Rentenversicherung angemessen sind, um damit auch die versicherungsfremden Leistungen abzugelten. 2022 betrugen diese Bundeszuschüsse 81 Mrd. Euro.

Die Bundeszuschüsse an die Rentenversicherung sollen die finanzielle Stabilität der Rentenversicherung in der alternden Gesellschaft gewährleisten (Garantenfunktion). Zudem ist gesetzlich festgelegt, dass sie pauschal die nicht beitragsgedeckten (versicherungsfremden) Leistungen abgelten sollen. Versicherungsfremde Leistungen sind gesamtgesellschaftlich erwünscht und sollen deshalb nicht von den Beitragszahlenden, sondern vom Bund finanziert werden. Ein Beispiel ist die Grundrente für Personen mit langjährig niedrigem Einkommen.

Wegen der bislang bestehenden Intransparenz ist offen, ob die versicherungsfremden Leistungen teilweise beitragsfinanziert sind oder ob ein Teil der Versicherungsleistungen steuerfinanziert ist.

Die Intransparenz entsteht, weil versicherungsfremde Leistungen in Art und Höhe unbestimmt sind. Die Transparenz würde aber schon deutlich steigen, wenn das BMAS zumindest anhand einer engen und einer erweiterten Abgrenzung die versicherungsfremden Leistungen ausweisen und quantifizieren würde. Das ergäbe eine Bandbreite, anhand derer Bundestag und Öffentlichkeit zumindest grob beurteilen könnten, ob die Höhe der Bundeszuschüsse angemessen ist.

BImA

Energiemanagement der BImA: Viel zu spät und deutlich zu teuer (Nr. 22)

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) kennt die Verbrauchsdaten der von ihr verwalteten Gebäude für Strom, Wärme und Wasser nicht. Ihr fehlen damit Informationen für einen wirtschaftlichen Betrieb der Liegenschaften und wichtige Daten für die energetische Gebäudebewertung. Obwohl der Bundesrechnungshof bereits 2006 festgestellt hatte, dass nicht alle Dienstgebäude des Bundes mit Zählern ausgestattet sind, beauftragte die BImA erst 2023 den Aufbau eines Energiedatenmanagements. Sollte dieses nun wie geplant Mitte 2024 in Betrieb gehen, hätte der Bund 18 Jahre gebraucht, um die Verbrauchsdaten seiner Gebäude vollständig zu erfassen.

Der Aufbau des Energiedatenmanagements kostet durch von der BImA verschuldeten Zeitdruck, Versäumnisse bei der Planung und unwirtschaftliche Entscheidungen wesentlich mehr als notwendig. Für Planung und Betrieb sowie die Ausstattung mit bis zu 22 000 Zählern fallen Ausgaben von bis zu 102 Mio. Euro an. Nach einer Schätzung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung hätte das Projekt für nicht einmal die Hälfte realisiert werden können.

Die BImA muss das Energiedatenmanagement für Bundesgebäude so schnell wie möglich einführen. Die zügige Fertigstellung darf aber nicht zulasten einer genauen Überwachung und wirtschaftlichen Steuerung des Projekts gehen.

Hochschulförderung

Bund fördert Existenzgründungen an Hochschulen seit 25 Jahren – ohne klare Ziele und Zuständigkeit (Nr. 7)

Der Bund fördert mit dem Programm EXIST-Gründungskultur seit 1998 Hochschulen, obwohl ihm die Zuständigkeit für das Förderprogramm fehlt. Das Hochschulwesen und damit auch die Hochschulförderung sind grundsätzlich Aufgabe der Länder. EXIST will die Bedingungen für Unternehmensgründungen aus der Wissenschaft verbessern. In der aktuellen fünften Förderrunde (2019-2024) bewilligte das BMWK insgesamt 177 Mio. Euro. In dieser Förderrunde möchte es den Unternehmergeist und die Gründungskultur an Hochschulen stärken. Diese Ziele sind jedoch vage und das BMWK kann kaum messen, ob sie erreicht werden. Außerdem hat das BMWK nicht geprüft, warum und welche Hochschulen einer Förderung bedürfen. Auch hat es nicht hinterfragt, warum einige Hochschulen ohne EXIST-Förderung Unterstützungsangebote für Unternehmensgründungen aufbauen konnten, während andere mehrere Förderrunden in Anspruch genommen haben. Der Bundesrechnungshof fordert das BMWK auf, seine Förderung von EXIST-Gründungskultur auslaufen zu lassen.

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