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Einnahmencheck für einen handlungsfähigen Staat

Datum 15.04.2025

Statement des Präsidenten des Bundesrechnungshofes, Kay Scheller, anlässlich der Zuleitung eines Sonderberichts über Maßnahmen zur Stärkung der Einnahmenbasis

1. Einleitung

Die Haushaltslage des Bundes ist weiterhin angespannt. Die Aufstellung künftiger Bundeshaushalte wird noch schwieriger als in den Jahren zuvor, so die Einschätzung des Bundesrechnungshofes. In der Haushaltsplanung klaffte bereits eine Lücke in Milliardenhöhe. Die Wirtschaftslage und Steuerrechtsänderungen schlagen sich zugleich mindernd auf der Einnahmenseite des Staates nieder.

Maßnahmen, die zur Konsolidierung des Bundeshaushalts beitragen, sind dringlicher denn je. Allein auf konjunkturell bedingte Steuermehreinnahmen zu setzen, hält der Bundesrechnungshof dabei nicht für ausreichend. In den Diskussionen wird oft das Milliardenpotenzial für den Fiskus bei den laufenden Einnahmen außer Acht gelassen. Auf Basis unserer Prüfungserkenntnisse können wir sagen: Die Handlungsspielräume sind enorm.

Der Bericht greift eine Reihe strukturell und finanziell gewichtiger Prüfungsfeststellungen und Empfehlungen der vergangenen Jahre auf, die allesamt noch offen sind. Sie haben insgesamt das Potenzial, zu einer durchgreifenden Konsolidierung künftiger Haushalte beizutragen. Der Bundesrechnungshof betrachtet dies als eine Bestandsaufnahme für die neue Legislaturperiode.

Er empfiehlt 22 Maßnahmen. Mit ihrer Umsetzung könnten Einnahmen in Milliardenhöhe erzielt und künftige Haushalte entlastet werden. Allein bei den Steuervergünstigungen besteht ein Einsparpotenzial von jährlich 30 Milliarden Euro bei Bund und Ländern, davon 23 Milliarden Euro beim Bund. Hinzu kommen Mehreinnahmen durch eine wirksamere Bekämpfung des Steuerbetrugs und einen verbesserten Steuervollzug.

Die Empfehlungen in sechs Handlungsfeldern betreffen kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen. Der Bundesrechnungshof stellt sie nicht in eine Rangfolge. Dies wäre das Ergebnis einer politischen Diskussion.

Die Breite unserer Empfehlungen können Sie dem ausführlichen Bericht entnehmen. Ich möchte ein paar Beispiele herausgreifen.

2. Steuerliche Förderungen zielgerichtet einsetzen

Um Steuervergünstigungen wirksam zu gewähren, müssen der Bedarf geklärt und die Ziele genau bestimmt sein. Und: Steuervergünstigungen gehören regelmäßig überprüft. Erreicht eine Vergünstigung nicht die angestrebte Wirkung, muss sie angepasst oder beendet werden. Voraussetzung dafür: Es bedarf eines Reformwillens der Politik.

Die Bundesregierung gewährt immer noch zahlreiche Steuervergünstigungen, die in Wirtschaftsforschungsstudien als unwirksam oder ineffizient bewertet werden. Und diese Studien hat die das Bundesministerium der Finanzen selbst beauftragt.

Ein Beispiel: die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen, 2006 vom Gesetzgeber eingeführt, um Wachstum und Beschäftigung im Handwerk anzureizen. Die Steuermindereinnahmen durch diese Steuerermäßigung für das Jahr 2023 betrugen 2,1 Milliarden Euro. Nach den Feststellungen des Bundesrechnungshofes werden Steuerpflichtige dadurch durchschnittlich um weniger als 100 Euro jährlich entlastet. Darüber hinaus führt die Steuerermäßigung zu hohen Mitnahmeeffekten.

Würde die Bundesregierung die Empfehlungen der Wirtschaftsforschung zum Subventionsabbau umsetzen, könnte sie zusätzliche Handlungsspielräume für die öffentlichen Haushalte von jährlich 17 Milliarden Euro gewinnen.

Dann der seit Jahren bestehende Reformstau beim ermäßigten Umsatzsteuersatz. Unsere Empfehlung: Die Ausnahmeregelung sollte auf den Bereich der Grundversorgung beschränkt werden. Dies hieße weniger Bürokratieaufwand und jährliche Mehreinnahmen in Milliardenhöhe.

Generell gilt: Richtig steuerlich fördern heißt zu prüfen, ob die Unterstützung mit Steuergeld tatsächlich erforderlich ist. Mehrfachförderungen sind auszuschließen. Geltende Gesetze müssen konsequent durchgesetzt und Mitnahmeeffekten muss entgegengewirkt werden.

Beispiel Familienleistungsausgleich. Hier geht der Bundesrechnungshof von Mitnahmeeffekten von jährlich 1 Milliarde Euro aus. Volljährige Kinder erhalten in vielen Ausbildungsberufen inzwischen ein Entgelt, mit dem Sie ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren. Ihnen wird das Existenzminimum steuerfrei gestellt – durch den Grundfreibetrag. Gleichzeitig wird aber bei den Eltern das Existenzminimum des Kindes nochmals steuerfrei gestellt. So entsteht eine Mehrfachförderung.

3. Finanzverwaltung durch moderne IT-Systeme stärken

Eine wirksame Finanzverwaltung ist das Rückgrat unseres Steueraufkommens. Sie sichert die Einnahmen des Staates in Höhe von 1 Billion Euro für Bund und Länder. Die Digitalisierung hat eine überragende Bedeutung für die Sicherung des Steueraufkommens. Der Bundesrechnungshof sieht folgende Ansatzpunkte für eine entschlossene Digitalisierung:

  • Vor 16 Jahren startete das Megaprojekt KONSENS für eine bundesweit einheitliche Software in der Steuerverwaltung. Es verzögert sich immer weiter. Komponenten drohen schon vor der Einführung zu veralten. KONSENS muss endlich auf die Zielgerade kommen.
  • Finanzbehörden könnten Steuerbetrug mithilfe moderner IT-Systeme wirksamer bekämpfen, insbesondere Umsatzsteuerbetrug. Große Datenmengen müssten umfassend und risikoorientiert ausgewertet werden. Dabei können datenanalytische Verfahren unterstützen.
  • Besteuerungslücken entstehen beispielsweise im Bereich der Plattformökonomie und beim Handel mit Kryptowerten. Auch hier muss die technische Unterstützung ausgebaut werden. Plattformen im Internet für Handel, Hotels und Reisen etc. haben inzwischen einen festen Platz in der Wirtschaft. Die Finanzverwaltung muss zur automatisierten Auswertung übermittelter „Plattform-Daten“ befähigt werden. Nur so können der Steuervollzug verbessert und Steuerausfälle vermieden werden.
  • Funktionale Meldesysteme für die Verwaltungszusammenarbeit sind notwendig, um vorhandene Datenbestände zu nutzen und Kräfte zu bündeln.

Insgesamt bedarf die Digitaltauglichkeit von Steuergesetzen größerer Beachtung. Das Personal wird knapper. Ein gesetzmäßiger Steuervollzug lässt sich künftig nur mit weitgehend automatisierten und digitalen Verfahren erreichen. Der digitale Steuervollzug sollte bereits bei der Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen mitgedacht werden.

4. Fazit

Die empfohlenen Maßnahmen stärken die Einnahmenbasis des Staates oder tragen zu mehr Steuergerechtigkeit bei. Für die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen können damit der Verzicht auf gewohnte Vorteile verbunden sein oder zusätzliche Belastungen. Betroffene müssen die Möglichkeit haben, sich rechtzeitig auf Veränderungen einzustellen. Etwaige Maßnahmen brauchen Vorlauf. Transparenz ist wichtig.

Eine Stärkung der Einnahmenbasis reduziert Kreditaufnahmen und damit einhergehende Zinsbelastungen. Ohne solide Finanzen geht Handlungsspielraum verloren. Der Bundeshaushalt braucht Stabilität.

Mehr zu unseren Prüfungsfeststellungen und Empfehlungen lesen Sie hier in unserem Sonderbericht an Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung.

Eine Kurzinformation zu unserem Sonderbericht finden Sie hier.

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