2018 Pressemitteilung 12 - Bemerkungen 2018
13.11.2018
Nachhaltige finanzwirtschaftliche Strategie für den Bundeshaushalt notwendig
Konsolidieren – Investieren – Schulden abbauen
„Die günstigen Rahmenbedingungen für den Bundeshaushalt erzeugen Scheinsicherheit“, sagte der Präsident des Bundesrechnungshofes Kay Scheller anlässlich der Vorstellung der Bemerkungen 2018 am 13. November 2018 in Berlin. „Der Bundeshaushalt gerät immer stärker unter Druck. Eine expansive Ausgabenpolitik und ausbleibende Konsolidierung nehmen dem Haushalt die Luft zum Atmen. Dabei brauchen die Bundesfinanzen Raum, damit die Politik auf die anstehenden Herausforderungen reagieren kann, ohne in die Verschuldung abzugleiten. Notwendig ist eine nachhaltige Finanzpolitik: Sie sollte Schwerpunkte auf zukunftsbezogene Ausgaben legen, Subventionen und Vergünstigungen auf den Prüfstand stellen, Kernbereiche im Haushalt finanziell auf Dauer absichern und das gute wirtschaftliche Umfeld nutzen, um echte Haushaltsspielräume zu schaffen. Dazu gehört auch der Einstieg in den Schuldenabbau, denn das niedrige Zinsniveau wird nicht ewig so bleiben.“
Mit dem Haushalt 2019 plant die Bundesregierung zum fünften Mal in Folge eine „Schwarze Null“: einen Haushalt, der ohne Nettokreditaufnahme in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen ist. Dieses Ziel soll aber ohne Konsolidierungsschritte erreicht werden. Stattdessen sind zusätzliche Ausgaben und steuerliche Entlastungen vorgesehen: Vor allem mit weiteren Leistungsverbesserungen bei der Rente und der Festschreibung einer doppelten Haltelinie sowie zur Unterstützung originärer Länderaufgaben insbesondere im Bereich von Kitas, der schulischen Bildung und der sozialen Wohnraumförderung. Zudem sind bereits im Haushalt 2018 weitere teure Vergünstigungen eingeführt worden, wie das Baukindergeld.
Eine umfassende kritische Bestandsaufnahme des Bundeshaushalts findet nicht statt. Sie wäre gerade in Zeiten gesamtwirtschaftlich günstiger Rahmenbedingungen geboten. „Konsolidierung ist kein Selbstzweck. Sie trägt dazu bei, dass die Politik auch in Zukunft auf Basis nachhaltiger Finanzen handlungsfähig bleibt“, so Scheller. „Staatliches Handeln soll nicht auf Kosten anderer öffentlicher Güter oder zulasten künftiger Generationen gehen. Dies erfordert einen tragfähigen Haushalt, und eine Politik, die Überkommenes abstellt, zukunftsgerichtet investiert und den Abbau von Altschulden nicht aus dem Blick verliert.“
Die Herausforderungen für den Bundeshaushalt bleiben hoch:
- der demografische Wandel: dieser befindet sich zwar noch im „Pausenmodus“; schon jetzt steigen die Kosten deutlich; die Leistungen des Bundes an die Rentenversicherung sollen von 98,1 Mrd. Euro in 2019 (27,5 %) auf 110 Mrd. Euro in 2022 (29,3 %) steigen – ohne Berücksichtigung der nun beschlossenen zusätzlichen Leistungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (Mütterrente II, „Doppelte Haltelinie“);
- der Erhalt und die Modernisierung der Infrastruktur: trotz vorgesehener Stärkung der Investitionen verharrt die Investitionsquote bei 10 %;
- die wachsenden Hilfen für Länder und Gemeinden belasten den Bund erheblich; im laufenden Jahr 2018 entlastet der Bund die Länder und Kommunen mit 80,5 Mrd. Euro; in 2020 kommen durch die Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen jährlich weitere 10 Mrd. Euro hinzu; die Finanzierung von Kernaufgaben der Länder und Gemeinden wird ohne Rücksicht auf die föderale Kompetenzverteilung des Grundgesetzes ausgebaut; der Bund reklamiert so eine finanzielle Allzuständigkeit;
- Risiken auf europäischer Ebene: neben der Abwicklung der Hilfen zur Bekämpfung der europäischen Staatsschuldenkrise bergen vor allem der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (Brexit) und der neue siebenjährige Finanzrahmen (2021 bis 2027) für den EU-Haushalt sowie die vorgesehene europäische Bankenunion finanzwirtschaftliche Risiken für den Bundeshaushalt;
- ein Wegfall des Solidaritätszuschlags würde ab 2020 jährliche Mindereinnahmen von etwa 20 Mrd. Euro bedeuten, die anderweitig ausgeglichen werden müssten; nach den Erfahrungen mit der verfassungswidrigen Kernbrennelementesteuer (mit Steuer- und Zinsverlusten für den Bund von rund 7 Mrd. Euro) sollte der Abbau des Solidaritätszuschlags verfassungsfest ausgestaltet werden. Es ist daher fraglich, ob die im Finanzplan hierfür erst ab dem Jahr 2021 reservierten Mittel von 20 Mrd. Euro ausreichen.
„Diese Herausforderungen machen eine nachhaltige finanzwirtschaftliche Strategie notwendig“, sagte Scheller. „Hierzu sollten die Ausgaben und die zahlreichen steuerlichen Vergünstigungen für verschiedene Interessengruppen einer kritischen Überprüfung unterzogen werden.“
Neben den finanzwirtschaftlichen Risiken führen Vollzugsmängel, aber auch strukturelle Defizite zu erheblichen Steuerausfällen und unangemessenem Bürokratieaufwand. In seinen aktuellen Bemerkungen macht der Bundesrechnungshof hierzu wieder zahlreiche Entlastungsvorschläge, wie die Bundesverwaltung zielgerichteter, effizienter, wirkungsvoller arbeiten kann. Diese Vorschläge konzentrieren sich auf ein Finanzvolumen von rund 10 Mrd. Euro. Hier eine Auswahl:
Energie
Steuern
Bundeswehr
Straßenbau
Verkehr
Auswärtiges
Entwicklungszusammenarbeit
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